Freitag, 15. Oktober 2010

22.9. // Ginstleden


Aufbruch gegen 8:45 Uhr, 9°C.

Vorher hielt ich noch einige Impressionen meines Schlafplatzes fest. Die Morgensonne schien so schön durch die Baumkronen.




Gleich hinter Mellbystrand radelte ich durch das Naturreservat Höka. Herrlich, der Wald sah aus wie ein Märchenwald; winzige Bäume, moosbedeckter Boden.



Der Herbst ist wirklich toll. Ist meine Lieblingsjahreszeit. Ich mag es, wenn der Sommer sich langsam abkühlt. Wenn alles ruhiger wird, nicht mehr so laut und hektisch ist. Wenn die Regen- und Nebeltage kommen, die alles sanft einhüllen, den Lärm abdämpfen. Wenn Nieselregen alles schluckt, die Landschaft homogen wird. Ich hatte wirklich wahnsinniges Glück mit dem Wetter. Während es in Deutschland regnete, habe ich noch 2 wunderschöne Wochen Frühherbst erwischt. Für mich ist es auch das ideale Reisewetter, im Sommer hätte ich diese Tour wirklich nicht machen wollen. Viel zu heiß, um den ganzen Tag auf dem Rad zu sitzen. Viel zu viel Tourismus, zu viele Menschen. Und Mücken! Nun gut, in der ersten Woche wurde ich von den Biestern auch noch belästigt. Ich sah irrsinnig sexy aus, als ich in Göteborg ankam, mit blauen Beinen und pestähnlichen Beulen am ganzen Körper. In der zweiten Woche hatte ich Gott sei Dank keine Probleme mehr mit den stechenden Plagegeistern, die waren dann erfroren. :D


Ich hatte mich ja entschieden den Ginstleden nach Norden zu fahren, der direkt bei meinem Schlafplatz begann und an der Küste entlang verläuft. Den Namen hat er übrigens vom Ginster, der Landschaftsblume Hallands. Insgesamt ist er etwa 200km lang, denen ich fast ausnahmslos gefolgt bin, nur kurz vor dem Ende bin ich abgebogen nach Göteborg. Eine wunderschöne Strecke zum Radfahren. Und nach der ganzen Sucherei in Skåne eine echte Wohltat. Für die ausgewiesenen Radwege in Halland (es sind insgesamt 3) hatte ich eine tolle Broschüre, die es beim schwedischen Touristikversand kostenlos zu bestellen gibt. Auch viele andere Hefte, Karten und sonstiges Informationsmaterial kann man sich einfach nach Hause schicken lassen. Eine tolle Sache. Wen es interessiert: *klick* Auch die Seite an sich ist toll und sehr informativ. Genauso wie ein Verzeichnis der Campingplätze in Schweden, das es als Heft oder Download gibt (so konnte ich schon vorher kucken, welche noch offen hatten). Hier könnte man auch schon vorher die obligatorische Campingkarte bestellen, mit der es u.a. sogar Rabatt auf die Fährüberfahrten gibt.
Ich war jedenfalls sehr begeistert von dem Infomaterial, das bei mir eintrudelte. Klar, viel Werbung, aber auch gute Karten der einzelnen Provinzen. Und eben die Broschüre über Hallands Radwege, die wirklich Gold wert war.


Mein Reiseziel an diesem Tag war Varberg, ich wollte die Nacht auf einem Campingplatz dort verbringen. Eins muss man halt einplanen, wenn man in dieser Jahreszeit reist: Der ganze Tourismus-Mist wurde schon eingemottet für die nächste Saison. Das ist einerseits natürlich toll, wenn man nicht besonders drauf steht von Touristen zertrampelt zu werden. Andererseits sind viele Zeltplätze schon geschlossen und Imbisse, Informationsstände und dergleichen haben die Luken dicht gemacht. Muss man halt vorher wissen. Manchmal gab es für mich gar keine andere Möglichkeit als im Wald zu schlafen. Wenn man keine Lust hat Unmengen für ein Zimmer auszugeben (und selbst das wird schwierig im dünn besiedelten Inland von Halland). Aber eben herrlich, wenn man seine Ruhe haben und Natur und Stille genießen will.


Ich habe in den ersten Tagen nicht viele Fotos gemacht, im Vergleich zur zweiten Woche. Die beiden Wochen unterschieden sich sehr voneinander. Am Anfang hatte ich ja ein Ziel vor Augen: Göteborg. Ich musste mich Anfang der Woche festlegen an welchem Tag ich dort aufschlagen würde, weil sich Herr H. frei nehmen wollte. Und so musste ich das dann natürlich auch schaffen bis zum besagten Termin. Ich habe eigentlich alles gut geschafft, habe die Zeit recht realistisch eingeschätzt. Und trotzdem. Der Kopf war nicht frei (wie auch, bei so einem Mann ^^). In der zweiten Woche war wirklich der Weg das Ziel, ich habe das Gefühl die Schönheit der Strecke dann wirklich ausgekostet zu haben. Aber wenn ich jetzt nochmal die Strecke hinwärts auf der Karte verfolge, entdecke ich so viele Sachen, die mir entgangen sind, einfach weil ich da gar keinen Nerv für hatte. Eigentlich schade. Und trotzdem hat es sich meiner Meinung nach gelohnt, ihr werdet schon sehen. ;) Und es ist ja nun auch definitiv nicht das letzte Mal, dass ich nach Schweden fahren werde, soviel steht schonmal fest.

Trotzdem war die Tagesstrecke sehr schön. Die 124km habe ich überhaupt nicht bemerkt. Es radelte sich fast von alleine. Und mit 17,8km/h hatte ich (mal abgesehen von dem wahninnigen Sonntag, auf den ich noch zu sprechen kommen werde) an diesem Tag die höchste Durchschnittsgeschwindigkeit der ganzen Tour. (Erwähnte ich schon, dass ich verrückt nach Statistiken bin? ^^)


Ich kam jedenfalls am frühen Abend in Varberg an (Zeltplatz Apelviken), baute in aller Ruhe mein Zelt auf, hatte sogar noch Zeit vor Einbruch der Dunkelheit einkaufen zu gehen. Für alles andere war ich allerdings schon zu müde, das Duschen nahm ich mir für den nächsten Morgen vor. Ich aß noch ein bisschen was und schlief dann gleich ein.
Noch während des Einschlafens wachte ich von lautem Rascheln und Lärm draußen vorm Zelt auf. Ich dachte an Igel, die können wirklich einen tierischen Lärm machen und einen mächtig erschrecken. Sie schienen irgendwie zu versuchen in mein Zelt zu kommen, hatte dort im winzigen Vorzelt eine Tüte mit Müll liegen, Joghurtbecher etc. Ich nahm meine Taschenlampe und öffnete den Reißverschluss, um sie zu verscheuchen - und blickte direkt einem Fuchs in die Augen. o.O
Dass ich im ersten Moment starr vor Schreck war und Augen wie Untertassen hatte, muss ich wohl nicht extra erwähnen, oder? ^^ Ich hatte noch nie einen Fuchs von so Nahem gesehen. Er hatte meine Mülltüte bereits nach draußen gezerrt, der ganze Kram lag über die Wiese verstreut. *höm* Ich entschied mich den guten Herrn dann doch lieber mal machen zu lassen und machte den Reißverschluss langsam wieder zu...
Herrn H.'s lapidarer Kommentar: "Der hat viel mehr Angst vor dir als du vor ihm!" Ja nee is klar. Der gute Herr Fuchs hatte NULL Angst vor mir. Solche Statements kann man auch nur raushauen, wenn man sich noch nie im Halbschlaf einem scharfzahnigen Fuchs gegenüber gesehen hat. ^^ Und da hatte meine Familie Angst um mich, als ich im Wald gepennt hab... Im Wald traut sich im Normalfall kein wildes Tier an dich heran. Auf nem Campingplatz sind solche Tiere aber an Menschen gewöhnt und daran sich dort mal ne kleine kulinarische Abwechslung zum sonstigen Speiseplan holen zu können. Und Reineke Fuchs hatte an diesem Tag auch kein großes Entscheidungsproblem, da ich der einzige Camper dort war. (Und nein, Mr. Autumnsmile: natürlich gibt es KEIN Foto davon! Bin ich denn wahnsinnig??)

Tageskilometer: 124
insgesamt: 424

Zeit auf dem Rad: 6:56

Ø 17,8 km/h


2 Kommentare:

  1. Ich huldige dir jetzt einfach mal eine Runde!
    Unglaublich, du fährst alleine in ein "fremdes" Land, schläfst auf Wiesen und Wald (und Campingplätzen) und ziehst das einfach durch! Meine Fresse...

    Ich will ne Actionfigur von dir!

    AntwortenLöschen
  2. Ach nu komm, soo großartig ist das gar nicht. ^^ In Schweden fühlt man sich nicht fremd, die Leute sind dort wahnsinnig nett. Und ich habe ja mehr als mein halbes Leben von diesem Land geträumt, also hab ich mich dort sehr zu Hause gefühlt. :)

    AntwortenLöschen